Scheidungsantrag lange vor Ablauf der Jahrestrennungsfrist der Ehegatten

Scheidungsantrag lange vor Ablauf der Jahrestrennungsfrist der Ehegatten

Gemäß § 1565 Abs. 2 BGB wird das Scheitern der Ehe ohne unzumutbaren Härtegrund erst dann vermutet, wenn die Ehegatten ein Jahr getrennt voneinander gelebt haben, so dass nach dem Gesetzeswortlaut grundsätzlich das Trennungsjahr vor Einreichung der Schei-dungsschrift des scheidungswilligen Ehegatten abgewartet werden muss, damit der verfrühte Scheidungsantrag nicht erstinstanzlich als unbegründet zurückzuweisen ist.

Tatsächlich dauert in der Scheidungspraxis die Einholung der Auskünfte der Renten-versicherungsträger der Scheidungsparteien mehrere Monate, so dass Familiengerichte vermehrt dazu übergehen, die Scheidungssitzung auch bei einem verfrühten Scheidungs-antrag erst nach Einholung aller Rentenauskünfte und nach Ablauf der tatsächlichen Trennungsfrist der Parteien zu terminieren.

Anders war es in einem Scheidungsverfahren, bei dem das erstinstanzliche Familiengericht aufgrund erheblicher Zweifel am Ablauf der Trennungsfrist ohne Einleitung des an sich nach dem Gesetz in dieser Sache vorgesehenen Versorgungsausgleichsverfahrens frühzeitig terminiert und über den Trennungszeitpunkt Beweis erhoben hatte.

Das Familiengericht hatte dabei nach Beweiserhebung den Scheidungsantrag aufgrund einer durchgeführten Beweisaufnahme rund 6 Monate nach Zustellung der Scheidungsschrift zurückgewiesen, wohingegen der die Scheidung begehrende Ehegatte Beschwerde zum Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) einlegen ließ.

Das OLG hat daraufhin zunächst nach Ablauf der einmonatigen Beschwerde-einlegungsfrist und nach Ablauf der weiterhin gesetzlich vorgeschriebenen einmonatigen Beschwerdebe-gründungsfrist dem Antragsteller allerdings eine weitere Beschwerdebegründungs-verlängerungsfrist von einem Monat bewilligt.

Das Gericht hat der scheidungsunwilligen Partei sodann wie üblich die Beschwerde-erwiderungsfrist von einem Monat gesetzt.

Danach hat das OLG wiederum unüblicherweise dem scheidungsbegehrenden Ehegatten noch eine erneute Stellungnahmefrist (Replikfrist) von einem weiteren Monat und dem scheidungsunwilligen Ehegatten sodann eine weitere Schriftsatzfrist zur sogenannten Duplik von einem weiteren Monat bewilligt, bevor es am Ende per Beschluss entschied, die Ange-legenheit ohne Weiteres an das zuständige erstinstanzliche Familiengericht zurückzuver-weisen, weil zwischenzeitlich die Jahrestrennungsfrist während des laufenden Scheidungs-verfahrens nach der Sitzung des OLG abgelaufen gewesen sein soll und das OLG in der Zu-rückverweisungsbegründung wohl nur hilfsweise irrtümlich auf einen Trennungszeitpunkt re-kurrierte, welcher aus einem anderen Scheidungsverfahren anderer Scheidungs- parteien stammte und mit dem laufenden Scheidungsverfahren nichts zu tun hatte (vgl. Hinweisbeschluss vom … und Rückverweisungsbeschluss des OLG vom 12.04.2022 zu Az.: – II-5 UF 175/21 -).

So gesehen konnte der scheidungsbegehrende Ehegatte u. a. das sogenannte Ende der Ehezeit für die Beendigung der gemeinsamen Rentenanwartschaften mit dem Zeitpunkt der Zustellung der Scheidungsschrift (Rechtshängigkeit der Scheidung) nach dem VersAus-glG im Ergebnis zu dessen Gunsten gegen die Gesetzesintention des § 1565 Abs. 2 BGB zeitlich rückverlagern, obwohl vom scheidungsbegehrenden Ehegatten bei Einreichung der Scheidungsschrift der Trennungszeitpunkt wahrheitswidrig um zumindest 9 Monate rückda-tiert falsch vorgetragen worden war.

Auch für die wechselseitigen Zugewinnausgleichsforderungen war dies von erheblicher Bedeutung.

Der Begründung im Beschluss einer anderen Abteilung des Familiengerichts Erkelenz erteilte das OLG damit eine Absage, wonach bei streitigen Trennungszeiten der spätere Trennungszeitpunkt der Parteien gesetzlich vermutet werden soll (vgl. Amtsgericht Erkelenz, Hinweisbeschluss vom 23.03.2022 zu Az.: – 20 F 235/21 -).

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